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Oberflächenspannung: Warum ist Tinte der bessere Daumen?

Die Wissenschaft vom Kleben

Warum klebt Kleber, warum das Klebeband? Wie testet man die Klebkraft? Alles über Daumentest, Tintentest und die Oberflächenenergie beim Kleben.

Wenn Sie ein Klebeband kritisch mit dem Daumen prüfen, dann denken Sie zwar, dass die Klebkraft hoch ist, wenn das Tape am Daumen haftet. Das bedeutet aber nicht, dass die Klebkraft auf anderen Materialien genauso wirkt. Warum etwas klebt, hängt nämlich von der Oberflächenenergie ab. Was das für Ihren Daumen bedeutet, erfahren Sie hier.

Wie funktioniert Kleber/ein Klebeband?

Wie fest eine Klebeverbindung halten soll, ist je nach Anwendung verschieden. Soll das Klebeband wie zum Beispiel beim Malerband leicht ablösbar sein, ohne die Oberfläche zu beschädigen, darf sie nicht zu fest sein. Soll es Dinge jahrelang zusammenhalten wie beispielsweise das Firmenlogo am Autoheck, muss es so fest sitzen, dass es sich unter keinen Umständen und Bedingungen löst. Die Klebeeigenschaft ist bei jedem Klebeband genau spezifiziert. Viele Faktoren spielen hier herein: Die Klebmasse, der Träger und das Auftragsgewicht sind ein paar davon.

Wie fest das Klebeband klebt, ist noch von ganz anderen Dingen abhängig: von den Verklebungsbedingungen (Temperatur etc.), von der Anwendung (z. B. Anwendungsdruck), von Aufziehzeit und Abzugsgeschwindigkeit – und eben von der zu verklebenden Oberfläche. Polarität und Beschaffenheit (rau/glatt) eines Untergrunds spielen für die Klebeeigenschaft eine wichtige Rolle.

Klebebandanwendungen für die Automobilindustrie
Leisten, Profile und Embleme werden durch Klebebänder am Auto befestigt
Wasser auf Stoff und Autolack: Abhängig von der Oberflächenenergie bildet das Wasser Tropfen oder läuft einfach ab.
Wasser auf Stoff und Autolack: Abhängig von der Oberflächenenergie bildet das Wasser Tropfen oder läuft einfach ab.

Oberflächenenergie: Kleben mit Spannung

Ob ein Klebeband gut auf einem Untergrund haftet oder nicht, hängt vor allem mit der Oberflächenenergie des Untergrundes zusammen. Optimal kleben kann nämlich nur, was in vielerlei Hinsicht „zusammenpasst“.

Bleiben wir zunächst bei der Heckklappe Ihres Autos. Wie jeden Samstag haben Sie es frisch gewaschen und gewachst. Und natürlich beginnt es gleich darauf zu regnen. Die Wassertropfen aber perlen einfach ab. Sie halten ihre Form und zerfließen nicht.

Der Grund dafür ist, dass sie eine höhere Oberflächenenergie haben als der gewachste Autolack (in einer Teflonpfanne würden sich die Tropfen genauso verhalten). Denn grundsätzlich will eine Flüssigkeit nicht zerfließen. Sie ist bestrebt, ihre Oberfläche möglichst klein zu halten. Dazu bildet sie aufgrund ihrer Oberflächenspannung eine Kugel.

Die Kohäsionskräfte - d.h. die (innere) Anziehung - zwischen Molekülen von Flüssigkeiten erzeugen das Phänomen der "Oberflächenspannung". Die Moleküle an der Oberfläche von Wasser in einem Glas zum Beispiel sind nicht auf allen Seiten von anderen Wassermoleküle umgeben. So werden sie ins Innere des Wassers gezogen, das sie stärker von den Wassermolekülen neben und unter ihnen angezogen werden. Diese Anziehung ist höher als die der Luftmoleküle über ihnen. Am Ende erzeugt diese innere Kraft die Oberfläche, die Wasser und Luft trennt.
Die Kohäsionskräfte - d.h. die (innere) Anziehung - zwischen Molekülen von Flüssigkeiten erzeugen das Phänomen der "Oberflächenspannung". Die Moleküle an der Oberfläche von Wasser in einem Glas zum Beispiel sind nicht auf allen Seiten von anderen Wassermoleküle umgeben. So werden sie ins Innere des Wassers gezogen, das sie stärker von den Wassermolekülen neben und unter ihnen angezogen werden. Diese Anziehung ist höher als die der Luftmoleküle über ihnen. Am Ende erzeugt diese innere Kraft die Oberfläche, die Wasser und Luft trennt.

Allerdings wirken etliche Kräfte auf eine solche Kugel. Die Erdanziehung zieht daran und eben andere Oberflächen wie Ihr Autolack. Je stärker die Kraft an der Kugel zieht, desto mehr verformt sie sich. Bei einer starken Wechselwirkung mit einer hochenergetischen Oberfläche zerfließt die Kugel dann darauf.

Ähnlich verhält es sich mit der Klebmasse des Klebebandes und dem Untergrund, auf dem Sie das Band befestigen möchten. Abhängig vom Untergrund (und von seiner individuellen Oberflächenenergie) zerfließt die Klebmasse mal besser, mal schlechter. Sie klebt mal fester, mal weniger stark. Darum kommen in Klebebändern bei Trägerschichten mit niedriger Oberflächenenergie (z. B. Kunststoff) Haftvermittler (Primer) zum Einsatz. Sie erhöhen die Oberflächenenergie der Trägerschicht, damit die Klebmasse fester daran haftet.

Daumen oder Tinte?
Sie können Ihren Daumen also wieder einstecken, wenn Sie die Klebkraft eines Klebebandes testen möchten. Wie gut ein Klebeband an Ihrem Daumen haftet, sagt nichts darüber aus, welche Klebkraft es auf dem Untergrund entwickelt, für den Sie es verwenden möchten. Daumen und Untergrund haben schlicht eine unterschiedliche Oberflächenenergie (außer Sie möchten das Klebeband auf einen Daumen kleben, natürlich. Darum können Sie den Test mit einem Pflaster durchaus machen ...).

Warum aber ist Tinte nun der bessere Daumen? Ganz einfach: weil Tinte eine Flüssigkeit ist und sich dadurch in gewisser Weise ähnlich einer Klebmasse verhält. Je gleichmäßiger die Tinte auf einem Untergrund zerfließt, desto höher ist dessen Oberflächenenergie. Daraus lassen sich dann entsprechende Rückschlüsse ziehen, wie eine Klebmasse beschaffen sein muss, um gut auf diesem Untergrund zu haften. Wie sich das verhält, lesen Sie auch in unserem Artikel zum Tintentest .

Tintentest auf Aluminium
Tintentest auf Aluminium